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Entavio – alles bleibt anders

21. August 2007

Entavio (zunaechst bekannt unter dem Projektnamen Dolphin) ist eine digitale Vertriebsplattform für Satellitenfernsehen des Satellitenbetreibers SES Astra, die 2007 in Betrieb gehen soll. Auf der Plattform sollen Rundfunkprogramme und Zusatzdienste im Auftrag der jeweiligen Content-Anbieter aggregiert und verschluesselt werden. Diese verschluesselten Inhalte koennen von den Endkunden (Zuschauern), die Rundfunk über Satellit empfangen, entschluesselt werden.

Voraussetzungen dafuer sind:

* ein digitaler Satellitenanschluss
* ein entavio-geeigneter Receiver
* eine bei entavio direkt erhaeltliche Smartcard (nur noetig zur Nutzung von Pay-TV-Angeboten)
* Die Zahlung einer monatlichen Grundgebuehr. Zunaechst waren 3,50€ geplant, die Hoehe soll nun aber geringer ausfallen.

(Quelle: Wikipedia.de)

Auf "Dr. Dish TV" gab es unlaengst eine Diskussion ueber diese neue Plattform. Daran beteiligt waren unter anderem ein Vertreter der ProSieben/SAT1-AG, eine weiterer von MTV und ein Herausgeber eines Fachmagazins. Nachdem erklaert wurde, wer da mit wem in naechster Zukunft zusammenarbeiten koennte, was oftmals in angedeuteten Selbstbeweihraeucherungsversuchen endete, stellten die beiden Moderatoren relativ hartnaeckig oft die Frage, worin denn der etwaige Mehrwert fuer den Zuschauer liegen koennte. Jeder (!) der Anwensenden druckste herum und faselte zunaechst irgendetwas voellig Belangloses daher.

Einer war aber besonders erfindungsreich: "Nehmen wir mal ein Fussballspiel FC Bayern Muenchen gegen Real Madrid. Bisher wurde das bei RTL oder so oftmals frei ueber Satellit uebertragen und jeder konnte es gucken. Diese freien Uebertragungen beruehren aber oftmals die Rechte anderer in anderen Laendern, in denen das auch zu empfangen ist. Mit "Entavio" koennen wir das nun verschluesseln und lokal begrenzen und das ist doch schoen fuer den Zuschauer" (sinngemaess wiedergegeben). Toll. Die Argumentation an sich leuchtet zwar einigermassen ein (nicht zuletzt werden Originaltonspuren von Filmen genau aus diesem Grund nicht zusaetzlich mit auf das Satellitensignal gegeben), aber die zitierte Schlussfolgerung ist doch wohl der blanke Hohn. Im Zuge der zunehmenden Europaeisierung haben wir schon einige Nachteile hinnehmen muessen und die wenigen, etwaigen Vorteile werden zunehmend im Keim erstickt. Es waere doch schoen, wenn es moeglich waere, die heimischen Programme in vollem Umfang zu sehen (wenn man denn mag), egal wo man gerade ist. Diese Plattformen werden beispielsweise (und mittelfristig) oftmals verhindern, dass der Hotelfernseher im Urlaubsort ueberhaupt irgendein deutsches Fernsehprogramm aufweist, wenn man dort ankommt. Statt dessen sollen die Leute womoeglich noch ihre proprietaeren Set-Top-Boxen samt Karten mitschleppen in der Hoffnung, eine Anschlussmoeglichkeit dafuer ans Kabel oder eine SAT-Antenne zu finden. Schwachsinn. Loesungsansatz: siehe weiter unten.

Abgesehen davon verlangen diese Plattformen wieder spezielle Geraete, die oftmals einen Neukauf voraussetzen. Nebenbei erwaehnt: "DVB-T 2" ist im Kommen. Und das ist nicht abwaertskompatibel zum bisherigen DVB-T. Das heisst, dass die jetzigen DVB-T-Geraete, die vielleicht gerade in diesem Jahr erst angeschafft werden mussten (weil das analoge Antennen-TV abgeschaltet wurde), womoeglich schon in allernaechster Zeit (und durch die IFA befluegelt) zum Elektroschrott mutieren koennten. Den billigen 30-Euro-Receiver aus dem Discounter vermag man ja ggf. noch so gerade zu verschmerzen, aber der neue 1500-Euro-Plasmafernseher mit integriertem DVB-T-Tuner (analoge Tuner sind sowieso quasi tot) ginge einem dann sicherlich deutlichst schwerer ab. "Aber, die neuen Geraete sind ja ganz normal und passen auch gut ins Wohnzimmer", wie einer der Gespraechsteilnehmer bei der Dr.Dish-Runde froehlich anmerkte.

Tacheless: "Entavio" ist nichts weiter als ein Werkzeug fuer die Programmanbieter, das es ihnen ermoeglicht, Gebuehren fuer Content zu erheben, der zumindest in Einzelfaellen vorher frei verfuegbar war (und auch so funktioniert hat). Wer aber in Zukunft die manchmal von Spielfilmen unterbrochene Werbeschleife der Privatsender sehen moechte, wird dafuer noch bezahlen muessen. So einfach ist das. Aber, wie heisst es so schoen: Alles kann, nichts muss…

Nochmal Wikipedia:
Kritiker befuerchten dennoch, dass SES Astra mit dem entavio-Projekt möglicherweise seine Stellung als europaeischer Marktführer ausnutzen wolle. Sie bemaengeln vor allem, dass bei der kostenpflichtigen entavio-Plattform kein echter Mehrwert gegenueber dem bisherigen kostenlosen und unverschluesselten Empfang erkennbar sei. Die fuehrenden Receiver-Hersteller befuerchten zudem, dass der entavio-Standard anderen Vermarktungsplattformen oder frei empfangbaren Kanaelen den technischen Zugang zu den Empfangsgeraeten erschweren koennte.

Dabei koennten solche oder aehnliche Systeme sogar zu einer gerechteren Verteilung des generellen Fernsehkuchens beitragen. Meiner Meinung nach sollte man generell alles (!) verschluesseln und auf in technischer Hinsicht einheitliche Plattformen stellen, die zueinander kompatibel sind und auf allen moeglichen Verbreitungswegen (SAT, Kabel, Antenne, Internet) und global funktionieren. Der Zuseher haette dann die Moeglichkeit, (z.B. zuhause) sein Programm-Menue zusammenzustellen und die entsprechende(n) Smartkarte(n) ueberall mit hinzunehmen. Am Urlaubsort angekommen, steckt er sie beispielsweie in den dort vorhandenen Kasten und kann dann sehen, was er will. Was wann wo gesehen wird, wird auf der Karte gespeichert und am Monatsende wird abgerechnet. Pay per view, und das mobil (wer`s braucht). Das ist die Zukunft. Aber, saemtliche alternativen Finanzierungsformen fuer neue (und bisherige) Programmangebote werden es schwer haben, solange die jetzige GEZ-Zwangsgebuehr existiert. "Kino im Kopf" beginnt eben im selbigen und genau da muessen viele Leute mal frei werden fuer Dinge, die in anderen Laendern schon laengst zum Alltag gehoeren. Deutschland ist da noch sozusagen "auf einem Auge blind", aber mit dem Zweiten sieht man ja angeblich besser…

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