Home > Medien > Ein Sommermaerchen

Ein Sommermaerchen

7. Dezember 2006

Man war doch sehr gespannt auf den Film "Deutschland – Ein Sommermaerchen" und mit einem Tag Verspaetung sah ich dann heute die Aufzeichnung davon.

Der Film beginnt recht "merkwuerdig" oder besser gesagt: "unerwartet" und irgendwie erscheint er in den ersten paar Minuten wie eine Mischung aus Boulevardmagazin und "Manni der Libero". Wenn man sich aber erst einmal auf den Film eingelassen hat, dann entwickelt und vermittelt er schnell seine eigene Welt und haelt ein durchaus hohes Niveau bis zum Ende durch. Allerdings setzt der Regisseur beim zusehenden Publikum auch voraus, das wirklich jedes gezeigte Gesicht bekannt ist, denn man sucht die obligatorischen Namenseinblendungen der gerade Agierenden vergeblich. Ohnehin ist dieser Film ein echter "Fan-Film", denn er bietet ueberraschend-authentische Einblicke hinter die Kulissen des deutschen WM-Kaders. Oftmals sieht man symboltraechtige Gesten (z.B. das Fackelanzuenden), auf die auch die Musikgeraeuschkulisse passend abgestimmt ist. Ohnehin zieht sich speziell die Musik von Xavier Naidoo wie ein roter Faden durch den ganzen Film.

Der Regisseur scheut sich aber auch nicht, zumindest leise, kritische Meinungen zu Wort kommen zu lassen, z.B. als Jens Lehmann vom "rauhen Wind" erzaehlt, der ihm durch die Bayernfunktionaere und deren Kooperation mit der BILD-Zeitung entgegen wehte. Und auch in der Torwartfrage gab es ueberraschend-offene Toene: "Wir trainieren zusammen, aber ansonsten gehen wir uns aus dem Weg" sagte Lehmann ueber sein Verhaeltnis zum anderen Torhueter Olli Kahn.

Dazwischen immer ungezwungene Szenen, die der Zuseher auch so empfindet, da sie ehrlich sind. Die "SchweiniCam" und die "PoldiCam" tragen ihren jeweiligen Charme dazu bei (Regisseur Soenke Wortmann hatte sich fuer seinen Film auch privat-gedrehte Szenen aus den Digicams der Mitspieler geben lassen).

Juergen Klinsmann`s amerikanische Einfluesse sind ebenfalls deutlichst spuerbar. Vor jedem Spiel motivierte er die Spieler gebetsmuehlenartig in der Kabine (fast schon wie ein amerikanischer Fernsehprediger) und liess diesen Part manchmal auch durch die Spieler selbst geschehen. Das gipfelte dann auch mal in einem Satz wie "Wir geh`n jetzt raus und hau`n die Scheisser weg" (durch Frings).

Deutschland ist nicht Weltmeister geworden, aber wie Angela Merkel in der Spielerkabine schon richtig sagte: "Es gibt Schlimmeres als Dritter bei einer WM zu werden". Und das merkt man den anschliessend gezeigten Stimmungsbildern auch deutlichst an.

Der Film weckt schoene Erinnerungen an einen tollen WM-Sommer mit in jeder Hinsicht atemberaubender Stimmung, egal ob auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene.

Soenke Wortmann hat, seinen Insiderzugang effizient nutzend, ein stimmungsdichtes Filmdenkmal geschaffen. Von einem Fan fuer die Fans. "Er war ein Teil von uns", sagte Jens Nowottny ueber Wortmann`s nahezu allgegenwaertige Praesenz hinter den Kulissen. Bessere Arbeitsbedingungen kann sich ein Regisseur wohl nicht wuenschen. Das Ergebnis spricht fuer sich.

KategorienMedien