Neue Stimmen – ueberall
Alternativtitel: "OpeRn Air" :-)
Der internationale Gesangswettbewerb NEUE STIMMEN soll junge Nachwuchstalente aus dem Opernfach aufspüren, fördern und ihnen den Weg in nationale und internationale Karrieren öffnen. (Quelle: www.neue-stimmen.de)
Das ausschliesslich gemeinnuetzige Projekt der Bertelsmann-Stiftung ist derzeit massiv praesent, denn der alle zwei Jahre stattfindende, qualitativ sehr hochwertige Wettbewerb befindet sich zur Zeit in der diesjaehrigen Endphase, der sogenannten "Finalwoche".
Weitere Infos gibt es auf der zugehoerigen Homepage http://www.neue-stimmen.de/.
Eine damit im Zusammenhang stehende Werbeaktion sorgt derzeit taeglich von 10 bis 18 Uhr fuer Verstimmungen – zumindest rund um den Berliner Platz im Stadtzentrum Guetersloh. "Aus elf Boxen, die an den Laternenmasten rund um den Platz hängen, schallen Arien von Verdi, Mozart und Leoncavallo. Gesungen von den Finalisten der "Neuen Stimmen" von 2007." (Quelle: Neue Westfaelische)
Die zugehoerige Audio-CD laeuft ununterbrochen in Rotation – und das gefaellt beiweitem nicht jedem.
"Das ist einfach nur noch nervig. Wir stehen hier kurz vor der Depression", sagt eine Frau, die ein Geschäft am Berliner Platz betreibt. "Es geht mir gar nicht um die Lautstärke, aber sich den ganzen Tag Arien anhören zu müssen, das ist schon schwere Kost. (…)"
"Wir wollen die ,Neuen Stimmen’ nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar machen und Gütersloh stärker als Kulturstandort positionieren", sagt die Projektverantwortliche der Bertelsmann-Stiftung. Die Beschallung erfolge in Absprache mit Kulturdezernent Andreas Kimpel, und von den Bürgern habe sie bislang nur Positives vernommen. "Wir fühlen uns durch die Reaktionen eher bestärkt." (Quelle: Neue Westfaelische)
Zwei stellvertretende Meinungen spiegeln hier das Dilemma wieder. Zum einen soll Werbung fuer den noch bis zum 31.10.09 stattfindenden Wettbewerb gemacht werden, zum anderen fuehlen sich vor allen Dingen diejenigen, die dauerhaft vor Ort sein muessen, mehr oder weniger akustisch belaestigt. Und letzteres ist durchaus nachvollziehbar. In vielen Laeden laeuft ohnehin Musik (meistenteils sicherlich "leichtere" Kost) und somit kollidieren die einen Harmonien mit den anderen, was zwangsweise zu Disharmonien fuehrt. Zudem sind Opernarien beiweitem nicht jedermann’s Sache.
Externe, akustische Beschallung ist -wenn ungewollt- suboptimal. Sie raubt dem Individuum einen Teil der freien Entfaltungsmoeglichkeit, weil man sich ihr unter Umstaenden nicht entziehen kann. Fuer einen Tag waere das sicherlich aus Toleranzgruenden mal ertraeglich, aber taeglich acht Stunden aufgezwungene Opernmusik, die sich aufgrund der begrenzten CD-Spielzeit zudem noch mehrmals wiederholt, ueberstrapaziert die etwaige Toleranz einiger Menschen sicherlich ganz erheblich.
Voluminoese Musik , wie z.B. Oper oder Klassik generell, braucht auch einen voluminoesen Rahmen. Quaekige Lautsprecher koennen diesem Anspruch mit Sicherheit nicht gerecht werden und somit verkommen die "neuen Stimmen" im Rahmen dieser Werbeaktion prinzipiell zur Nebenbei-Beschallung, deren letztendliche Wirkung hoechstwahrscheinlich mit der von Fahrstuhlmusik vergleichbar ist.
Vielleicht waere es besser gewesen, wenn man auf einer kleinen, im Ortskern aufgestellten Buehne an jedem Tag des Wettbewerbes ein- oder zwei Stunden lang repraesentative Auftritte veranstaltet haette. Die Musik hatte bestimmt besser geklungen, die zugehoerigen Gesichter waeren fuer die normalen Passanten auch mal sichtbar gewesen und die Anwohner haetten sich besser darauf einstellen koennen. Zudem waere der ein- oder andere Passant vielleicht sogar an einer CD interessiert gewesen, die nebenbei am Buehnenrand haette angeboten werden koennen… Haette-waere-wenn…
Der Schreiber dieser Zeilen -selbst viel zu oft z.B. durch Stadtwerke-Laerm am hiesigen Wohnort gebeutelt- ist derzeit froh, nicht dauerhaft am Berliner Platz sein zu muessen…
Update vom 30.10.2009:
Wie heute wiederum in der NW zu lesen war, wurde die Lautstaerke der Anlage mittlerweile reduziert…