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Zapfenstreich fuer die Wehrpflicht

3. Januar 2011

Wir schreiben das Jahr 1991. Die damalige Bundesregierung diskutiert oeffentlich ueber die Abschaffung der Wehrpflicht. "Endlich", denke ich mir, "vielleicht habe ich ja Glueck und der Kelch geht an mir vorbei". Ein paar Wochen spaeter Musterung in Paderborn, die Begegnung mit der aelteren Dame, die den beruehmten "EKG" (="Eier-Kontroll-Griff") vornimmt, bleibt auch mir nicht erspart. Verweigern wollte ich nicht, zur Bundeswehr gehen wollte ich aber auch nicht unbedingt. Ich ziehe meinen Hut vor denjenigen, die z.B. Altenpflege mit allen Konsequenzen im Rahmen des Zivildienstes verrichten, aber ich wusste von vornherein, dass das nichts fuer mich waere. Zwar gab es auch alternative, weitaus "angenehmere" Zivi-Stellen (ein Bekannter war z.B. DJ in einem Kulturzentrum und sein einziger "schmutziger" Job bestand darin, abends den Tanzsaal ausfegen zu muessen…), doch die waren reine Glueckssache…

Im Sommer des Jahres ging’s dann doch nach Eckernfoerde zur Grundausbildung, danach weiter zur Marinefernmeldeschule in Flensburg-Muerwik, schliesslich landete ich im Marinehauptquartier in Gluecksburg und funkte u.a. fleissig unter dem Rufzeichen "DHJ58". Waehrend der Zeit "beim Bund" gab es natuerlich viel berechtigte (!) Flucherei, vor allen Dingen wegen der tatsaechlich uebertriebenen Buerokratie und der Kleinkariertheit, die vielen dort normalen Dingen innewohnte. Doch im Nachhinein verzerrt sich das Bild zugunsten der durchaus vorhandenen, positiven Erinnerungen. Es war eine Zeit, die ich im zeitlichen Kontext nicht gebraucht haette, die ich aber im Nachhinein auch nicht missen moechte…

Mit Beginn dieses Jahres 2011 werden nun zum letzten Mal junge Maenner zum Wehrdienst eingezogen, denn die Wehrpflicht wird zur naechsten "Saison" abgeschafft. Endlich. Selbst damals wurde innerhalb der BW gerne die Meinung vertreten, dass eine Berufsarmee bestimmt motivierter und erfolgreicher sein koennte…

Doch diejenigen, die jetzt kurz vor Toresschluss doch noch antreten muessen, haben sprichwoertliches Pech. Ich wuerde mich in dieser Situation auch mit Haenden und Fuessen wehren, denn was wuerde es jetzt noch bringen? Nichts. 6 Monate sind sowieso zuwenig, eine vernuenftige Ausbildung kann in dieser kurzen Zeit nicht gewaehrleistet werden und sich zudem auch nicht auszahlen.

Ein weiteres Problem werden zukuenftig die wegfallenden Zivildienststellen sein – und das bei erhoehtem Aufkommen von Pflegefaellen. Die zweifelsohne in den letzten Jahren vorhandene Wehrungerechtigkeit wurde jetzt abgeschafft und wird die Umstrukturierung der Bundeswehr massgeblich beeinflussen. Vielleicht sogar positiv. Doch ob das Sozialwesen in diesem Land davon profitieren kann, bleibt fraglich…

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