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Star Trek XI

14. Mai 2009

Achtung: Der folgende Beitrag enthaelt "Spoiler". Wer den Film bisher noch nicht gesehen hat, dieses aber noch nachzuholen gedenkt, moege die Lektuere der folgenden Worte bitte verschieben :-)

Zunaechst sollte dieser Beitrag den Titel "Ein grosses Geschenk" tragen, denn das ist dieser Film: Ein grosses Geschenk an diejenigen, die Star Trek lieben, an diejenigen, die es erschaffen und bisher geformt haben und an diejenigen, die schon seit unzaehligen Fernsehfolgen der verschiedenen Serienableger einen Einstieg in das sogenannte Star-Trek-Universum suchen.

Es ist schlichtweg atemberaubend und unglaublich, wie dieser Film diese Gratwanderung hinbekommt, fuer Neuankoemmlinge und fuer "alte Hasen" gleichermassen interessant zu sein, daher ein grosses Lob an J.J. Abrams, den Regisseur des Films. Hier wurde sich die Freiheit genommen, bekannte und sogar legendaere Dinge aus der Star Trek-Saga abzuaendern (die Geschichte sozusagen neu zu schreiben) und es wurde gleichzeitig dem Bisherigen gehoerigen Respekt gezollt, was sich vor allem in der sorgfaeltigen Nuancierung der Hauptcharaktere wiederspiegelt.

Der erste Fernsehkuss zwischen einer Schwarzen und einem Weissen fand demnach nach wie vor zwischen Kirk und Uhura in der Ur-Folge "Platon’s Stiefkinder" aus dem Jahr 1968 statt, innerhalb der hier nun gezeigten Zeitlinie kuessten sich Spock und Uhura – diesmal aber in 16:9 :)

Jetzt wissen wir auch, was aus Admiral (!) Archer’s Beagle wurde, denn er wurde bei einem von Scotty’s fruehen Beam-Experimenten -vorsichtig ausgedrueckt- veraendert. Wir erfahren, wie Captain Christopher Pike (aus dem Ur-Pilotfilm "Der Kaefig" und der daraus resultierenden, spaeteren Doppelfolge "Talos IV-Tabu") in den Rollstuhl kam und sehen Sulu’s ersten, klaeglichen Startversuch.

Chekov ist ein siebzehnjaehriger Jungspund, den der Bordcomputer aufgrund seines speziellen Akzents zunaechst nicht versteht. Und dann ist da noch – Uhura, gespielt von Zoe Saldana. Gerade in den Nahaufnahmen ihres Gesichts sieht der geneigte Kinobesucher, mit welcher Sorgfalt die Schauspieler ausgesucht worden sind, denn die Aehnlichkeit zum juengeren Original ist absolut gegeben. Ihre weiteren, auch koerperlichen Attribute sprechen natuerlich ebenfalls fuer sich…

Der spaetere Captain Kirk wurde also nicht (wie z.B. in "Star Trek IV – Zurueck in die Gegenwart" erwaehnt) in Iowa geboren, sondern auf einem Raumschiff, waehrend sein Vater sich mutig dem Feind entgegen stellt und letztendlich mit dem Leben dafuer bezahlt. Der Film zeigt den jungen Kirk zunaechst als Sauf- und Raufbold, doch ziemlich schnell schimmert das, was ihn spaeter ausmachen sollte, schon durch. Hier ist allerdings ein Schwachpunkt des Films zu vermerken: Die "Karriere" des Kadetts Kirk, der binnen einer einzigen Mission zum ersten Offizier und letztendlich zum Captain aufsteigt, ist ziemlich unglaubwuerdig, auch wenn sie einer situationsgebundenen Logik nicht entbehrt.

Der junge Spock wirkt sehr authentisch, wenn er auch manchmal zu schielen scheint. Im Film trifft er in einer Szene auf sein aelteres Ich (gespielt vom "Original" Leonard Nimoy). Diese Szene war okay, haette aber durchaus noch etwas tiefer gehen koennen. Zuvor rettet Spock mit einem ziemlich zappeligen Raumvehikel die Enterprise.

Die wiederum rettet die Welt. Mal wieder. Oder erstmalig? Wie auch immer. Zugegeben, die Story ist nicht die ausgefeilteste schlechthin, eigentlich ist sie sogar ziemlich simpel, aber die Umsetzung bestimmt hier den Spass- und Spannungsfaktor. Es knallt und blitzt und generell rappelt es gehoerig im Karton – natuerlich in Dolby Surround…

Ein weiterer, kleiner Schwachpunkt ist (und das ist wohlmoeglich der deutschen Synchronisation anzulasten) Montgomery Scott alias "Scotty". Die Gesichtszuege der jungen Vorlage sind sehr gut getroffen, hier wirkten seine Dialoge meistenteils aber doch eher aufgesetzt und manchmal sogar richtig "platt". Zudem ist der "Maschinenraum" (eher eine Maschinenhalle) viel zu gross, als dass man ihn wie in der Urserie als Scotty’s Reich bezeichnen koennte. James Doohan, der originale Mr. Scott, hatte einen schottischen Akzenteinschlag, mit dem im Original immer wieder kokettiert wurde. Dieses Element fehlt zumindest hier in der deutschen Fassung gaenzlich und laesst Scotty etwas farblos erscheinen.

A-pro-pos "farblos": Wer kommt waehrend einer der ersten, gezeigten Aussenmissionen gleich ums Leben? Natuerlich, der Typ im roten Anzug :) Wie fast immer. Damals….

Es gibt sogar Sequenzen in diesem Film (vornehmlich im ersten Drittel), in denen komplette Dialogsequenzen aus der Ur-Serie so woertlich und passend in den Gesamtkontext eingebaut wurden, dass es den "Wissenden" maechtig amuesiert und den "Unwissenden" zumindest schmunzeln laesst.

Ich koennte jetzt noch stundenlang ueber diesen Film schreiben, moechte aber natuerlich nicht alles kommentieren und somit verraten. Nur soviel noch:

Das Raumschiff Enterprise selbst ist das Symbol fuer die Gratwanderung, die dieser Film bravoroes meistert: Man erkennt sie trotz ihres zeitgemaessen, aeusseren Feinschliffs sofort wieder und freundet sich mit ihr an, wenn auch die Bruecke selbst ein wenig zu hell und unbunt (was nicht "farblos" heissen soll) geraten ist.

Waehrend des ersten Teils des Abspanns blieben alle (!) Kinobesucher sitzen. Eine schoene, flotte, orchestrale Version des Original-Fernsehthemas von Alexander Courage schlug zum einen die Bruecke zur "Zukunft" (bzw. zur nostalgischen Fernsehvergangenheit), die hier im Kontext die alte Ur-Fernsehserie ist und zum anderen liess die Musik und ihre visuelle Umsetzung die Leute nicht los.

Den Schreiber dieser Zeilen eingeschlossen.


Alles in allem: Ein Meisterwerk mit minimalen Schwaechen, dem man jeden Dollar des hohen Budgets anmerkt und welches ein grosses Fortsetzungspotential in sich birgt.

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