Audiotische Gleichschalterei
Die Technologie ist alt, ihr Anwendungsgebiet gross. Die Rede ist von Limitern und anderem elektronischem Schnickschnack, der zwar nuetzlich sein kann, ein Audiosignal aber gerne auch mal verunstaltet. Man nehme das Beispiel Radio. Mittlerweile werden fast auf jedem Sender Techniken eingesetzt, die den Gesamtpegel durchweg anheben und auch die Klangfarbe veraendern.
Im Buergerfunk von Radio Guetersloh, wo unsereins immerhin schon 65 Sendungen gemacht hat, trat es besonders ausgepraegt zum Vorschein: An Stellen, die eigentlich leiser werden sollten, blieb es laut und man hatte den Eindruck, der Sprecher wuerde wirklich mitten in die Songs hineinsprechen. Des Raetsels Loesung: Ein Echtzeit-Filter in der Sendetechnik, der Lautstaerkeschwankungen ausgleichen soll und saemtliche Pegel auf ein glattgebuegeltes Niveau einstellt. Der Zweck ist es natuerlich, eine einheitliche Lautstaerke zu erreichen, die das Radio als "Nebenbeiberieselung" unauffaellig und den Zuhoerer bei der Stange haelt. Hatte man nun eine Sendung produziert, die laute und leise Passagen enthielt, dann waren die Ein- und Ausblendungen durch diesen zwischengeschalteten Filter leider unangenehm hoerbar. Also wurden hier fuer das Radio spaeter Sendungen produziert, deren Huellkurven schon eine Balkenform angenommen hatten, damit nicht mehr soviel nachgeregelt werden konnte und die Sendung zumindest auf einem durchgehenden Lautstaerkeniveau verblieb. Fuer Freunde der echten Dynamik war das natuerlich ein Schlag ins Gesicht, aber es war (leider) notwendig und hat auch gut funktioniert.
Beispiel Audio-CDs: Die Erstauflage der "Brothers In Arms" – CD von den "Dire Straits" strotzte nur so vor Dynamik. Leise Passagen waren leise, laute waren laut. Die Pegel verhielten sich entsprechend unterschiedlich, wobei das Gesamtvolumen den mittlereren Bereich nicht ueberstieg, was unter anderem Verzerrungen bei der Wiedergabe vermieden hat. Da eine CD so gut wie kein Eigenrauschen produziert, war so etwas in der Anfangsphase der fuer CDs bestimmten Aufnahmen auch absolut gewollt. Heutige Alben-CDs sind klanglich mittlerweile oftmals so stark angehoben, dass auch hier wieder saemtliche Pegel am oberen Limit sind und sich gerade bei dichter Instrumentierung nach einem ziemlichen "Soundbrei" anhoeren. Ein absolutes Negativ-Beispiel hierfuer ist das Album "Ode To Ochrasy" von "Mando Diao".
Bild oben links: Huellkurve des Dire Straits – Songs "Walk Of Life", als Beispiel fuer ein durchgehend ziemlich gleichlautes Lied, direkt von der Erstauflagen-CD (1985) digital eingelesen.
Bild oben rechts: Huellkurve des Dire Straits – Songs "The Man`s Too Strong", als Beispiel fuer ein in punkto Lautstaerke wechselhaftes Lied, ebenfalls von der 1985er-Ur-CD digital eingelesen.
Bild unten links: Kontrastvergleich: Coldplay`s "Talk" von der CD "X&Y" (2005), unter gleichen Bedingungen digital eingelesen.
Bild unten rechts: Huellkurve der NormCast-Radiosendung Nr.56 im extra angepassten Format :)
Im Fernsehen wird wiederum anders gedacht, natuerlich zugunsten des Werbegeldbeutels. Der Film oder die Serie befindet sich auf entweder normalem oder zu leisem Lautstaerkeniveau, waehrend die zwischenzeitliche Werbung deutlichst darueber geschaltet wird. Es ist oftmals viel zu laut und der Griff zur Fernbedienung schnell notwendig, da es manchmal wirklich eklatante und daher unangenehme Pegelunterschiede sind. An dieser Stelle kann eine verfeinerte Form der oben beschriebenen Filter- und Limitertechnik auch mal positiv eingesetzt werden und das hat sich die traditionsreiche "Dolby"-Gruppe (Jawoll, die mit den Logos auf den alten Tapedecks :)) auf die Fahnen geschrieben.
"Dolby Volume arbeitet auf zwei Ebenen. Der „Volume Leveler“ vergleicht das laufende Tonspektrum mit vorhergehenden. Dabei nutzt Dolby Techniken aus dem Profibereich, etwa eine „auditorische Szenenanalyse“. Diese Technik erkennt, welche Töne angehoben werden müssen und welche nicht. Einen abschwellenden Klavierakkord zum Beispiel dreht Dolby Volume nicht lauter. Der zweite Schritt ist der „Volume Modeler“. Er reagiert darauf, dass das menschliche Gehör bei geringer Lautstärke Höhen und Tiefen weniger gut wahrnimmt. Bei alten Stereoverstärkern gab es hierfür die Loudness-Taste. Sie ignorierte aber die tatsächliche Lautstärke und verfremdete das ursprüngliche Signal oft zu einem Tonbrei. Der Volume Modeler nutzt die Erkenntnisse der Datenkompression von MP3 oder Dolby Digital: Tondaten, die unterhalb der Hörschwelle liegen, entfallen dort einfach. Der Volume Modeler macht das genaue Gegenteil: Er hebt die Lautstärke von Klangbestandteilen, deren Lautstärke unterhalb der Hörschwelle liegt, will damit den Klang auch bei geringer Lautstärke voll und detailreich gestalten."
(Quelle: Bild Digital) => Gut so! Und schlecht fuer RTL 2 :-)