Gute Fernsehserien versus Quote
Das Portal "Digitalfernsehen.de" meldet, dass SAT1 die Ausstrahlung der Fernsehserie "House Of Cards" (mit Kevin Spacey), die als qualitativ hervorragend gilt, vorzeitig einstellen wird. Die Serie lief bisher an Sonntagabenden ab 23:15 Uhr. Grund fuer die Absetzung ist auch hier mal wieder die Quote…
Dabei ist die Serie in den USA sehr erfolgreich und auch hierzulande hoch angesehen. Sie bietet angeblich (ich habe sie bisher nicht gesehen) anspruchsvolle, intelligente Unterhaltung – und diese scheint am Sonntagabend, eventuell aufgrund erhoehtem Rotweingenusses waehrend des zuvor ausgestrahlten "Tatort"-Krimis, nicht zu "zuenden". Allerdings wuerde eine Serie wie "House Of Cards", sollte sie denn wirklich den oben genannten Kriterien entsprechen, auch eher zu einem Sender wie ARTE passen und nicht in die Hochburgen von Pocher, Barth, Cindy aus Marzahn & Co.
Woran liegt es also? Durchgaengige, die Leute fesselnde Fernsehserien sind hierzulande im FreeTV fast ausnahmslos hinter den Quotenerwartungen zurueckgeblieben. "24" mit Kiefer Sutherland ist ein Paradebeispiel dafuer. Der Sendeplatz wurde immer wieder geaendert, der Sender selbst oefters gewechselt.
Es handelt sich hierbei um Fernsehserien, die quasi "suechtig" machen und bei denen ein- oder zwei Folgen pro Woche den "Serienjunkies" nicht ausreichen. Sie wollen mehr und schauen oftmals eine ganze Staffel innerhalb weniger Tage. Ist ein Sinnabschnitt erreicht, ist die daraus resultierende Gemuetslage meistens ausgeglichen und man wartet entspannt auf die naechste Staffel, auch wenn das mehrere Monate dauert.
Der Seriengucker von heute moechte sich nicht andauernd in oftmals komplexere Handlungsstrukturen der "besseren" Serien hineinfinden muessen, sondern diese quasi miterleben und beim Hintereinanderschauen von wenigstens zwei Folgen am Stueck die Umwelt um sich herum vergessen. Dabei verlaesst er sich nicht mehr auf die wagen Terminvorgaben der Privatfernsehsender, bei denen er Gefahr laeuft, dass die Serie mittendrin zugunsten einer "Die Simpsons"-Wiederholung auf einen anderen Sendeplatz oder zu einem anderen Schwestersender verschoben und/oder sogar komplett eingestellt wird.
Nein, in solchen Faellen wartet er dann doch lieber auf die DVD-Box oder die meistens viel frueher gegebene Online-Verfuegbarkeit der gewuenschten Serienfolgen, die dann frei von Werbung und nervigen Einblendungen genossen werden koennen.
Was koennten die Privatsender tun, um die zahlreichen Seriengucker doch noch an sich zu binden? Pro7 hat es bedingt-gut vorgemacht. Der Sender brachte die erste Staffel von "Under The Dome", einer Erfolgsserie, an der unter anderem Steven Spielberg mitwirkt, in Bloecken zu drei Folgen innerhalb von vier Wochen. Leider wurden diese drei Folgen quasi zu einem "Spielfilm" zusammengeschnitten und nur durch Werbung unterbrochen. Zum "Serienfeeling" gehoeren aber die Kurzzusammenfassung der Vorfolge zu Beginn einer neuen Episode, ein Vorspann und zumindest der Ansatz eines Abspanns.
Ja, manche Leute wollen das auch aufnehmen und werbebefreit speichern. Was soll’s? Das hat es immer gegeben und Aufnahme- und/oder Vorspulblockiermechanismen, wie sie beispielsweise beim HD+ – Paket gegeben sind, erweisen sich hier als absolut kontraproduktiv, weil auch sie die Serienfans wieder ins Internet vertreiben.
Serien, die aus in sich abgeschlossenen Einzelfolgen bestehen, koennen immer funktionieren, denn man "stolpert" heutzutage beim Zappen darueber und bleibt vielleicht mal haengen. Bei einer alten Folge von "Ein Colt fuer alle Faelle" oder "Raumschiff Enterprise" oder vielen, einschlaegigen Sitcoms braucht es kein Vorwissen, denn die grundsaetzlichen Kenntnisse der Charaktere und der Rahmenhandlungen sind bei der jeweiligen Zielgruppe vorhanden.
Serien wie "24", "Lost", Prison Break" usw. erfordern dagegen das nach Moeglichkeit lueckenlose Verfolgen der Episoden, sonst verliert man den roten Handlungsfaden. Eine einzige verpasste Episode kann hierbei schon fatal sein. Dem muessen die Privatsender Rechnung tragen und Vertrauen einfloessen. Laeuft eine Serie beispielsweise auf dem oeffentlich-rechtlichen Sender ARTE (wie z.B. "Sherlock" oder "Real Humans"), dann ist das Vertrauen, dass man alle Folgen auch ohne taeglichen Blick in die TV-Zeitung mitbekommt, gegeben. Bei SAT1 & Co. kann man sich nie sicher sein, ob der Sendeplatz vorhanden bleibt oder nicht, denn zu oft regiert dort die Quote und laesst Restfolgen spontan im Nachtprogramm verschwinden. Und mit ihnen verschwinden dann auch ihre Zuseher…